Als ich noch als Inhaber eines gutgehenden Elektrogeschäftes tätig war, fiel mir im Kundengespräch auf, dass es nicht die großen Dinge sind, die den Leuten am schwersten auf der Seele liegen - die Atombombe, der Verpackungswahnsinn oder das explosionsartige Bevölkerungswachstum. Am meisten hatten die Leute vor den kleinen Dingen Angst. Nicht, dass sie sich am liebsten zitternd vor einer unbekannten Gefahr in eine Ecke verkrochen hätten. Ihre Angst war unterschwellig in der durch Erfahrung gewonnen Gewissheit, dass beispielsweise niemand ihr defektes Elektrogerät zu annehmbarem Preis reparieren würde. Meist konnte ich ihnen die Angst nehmen. Aber damals ging es auch nur um "eiernde" Plattenspieler oder Waschmaschinen, die ohne "Aquastopp" den Keller unter Wasser setzten und Videorecorder, die statt Aufnahmen jede Menge Bandsalat produzierten.
Solche Geräte sind Geschichte und haben neuer, viel komplizierterer Technik Platz gemacht, die mit ihren "Bits, Spoilern, USB's und wer weiß was noch alles" zusätzlich sogar die Beherrschung einer neuen Sprache voraussetzen.
Kein Wunder, dass die Angst der Älteren vor dem "Unbeherrschbaren" größer geworden ist. Heutzutage geht es um die Tücken des Internets mit seinen Viren, die das Bankkonto plündern und Computer, die stundenlang formulierte Texte grundlos ins elektronische Nirgendwo schicken. Unsicherheit und Angst macht sich breit beim Gedanken an Geräte, die nur mit Kennwörtern und Glück zum Laufen zu bringen sind. Deshalb reihe ich mich nahtlos ein in jene Riege der "Angsthasen," die mir früher ihr Leid klagten.
Im Frühjahr kaufte ich - zur Arbeitserleichterung! - einen Rasenroboter. Das Einbuddeln der "Leitkabel" war nichts anderes als gewöhnliche Gartenarbeit. Aber beim "digitalen Rattenschwanz" kam ich nicht mehr mit. Denn dass das Gerät mit dem Internet verbunden werden muss, wusste ich beim Bestellen nicht. Rasenroboter und Internet! "Sind die Hersteller denn verrückt geworden? Das Ding soll Rasen mähen und weiter nichts", murmelte ich grimmig und stellte das Gerät in den Keller. Dort steht es immer noch, und wenn meine digitalen Kenntnisse sich nicht bessern, werde ich einen meiner Enkel zu mir bitten müssen. So ist es tröstlich, dass mein alter Rasenmäher statt Internet nur gewöhnliches Benzin benötigt. Auch meine Kettensäge gehört zu dieser alten, funktionierenden Technik. Und die schon vor 2000 Jahren modernen Hämmer und Meißel erwähne ich nur um zu beweisen, dass die besten und langlebigsten Werkzeuge die sind, welche ohne "Einstellungen" und "Passwörter" funktionieren. Das gilt auch für meine Brechstange. Schließlich haben die Ägypter ihre Pyramiden nur mit Hilfe von Keilen und Hebeln - aber ohne Internet errichtet.
Klug geworden, kaufte ich letzte Woche zum ersten Male in meinem Leben Billigware, als mein Wäschetrockner streikte. Billig, weil ich annahm, dass man für so wenig Geld bestimmt kein "Internet eingebaut" bekommt. Ich hatte recht, konnte aber die chinesische Bedienungsanleitung nicht lesen. Die deutsche Version fand ich - es geht nicht mehr ohne - mühsam im Internet.
"Wirklich zufrieden sind nur die, die der Sackgasse der elektronischen Welt entfliehen können" dachte ich mit einem Grinsen im Gesicht, als ich meinen uralten Toaster in der Küche stehen sah. Er funktioniert immer. Aber anders als normal und keineswegs gesittet, wenn er die Toastscheiben nicht nur in die Luft wirft, sondern wie letzte Woche in den Apfelkompott der daneben stehenden Glasschale. Daran kann man sich gewöhnen. Aber nicht an die Probleme vergessener Kennwörter.