Ich freute mich. Mir selbst war das bekannt, nur hatte das noch niemand zu mir gesagt. Die Dame hatte richtig beobachtet. Meine innere Einstellung ist von Zuversicht und Humor geprägt. Düsterheit hat in meinem Denken keinen dauerhaften Platz. Doch mein Humor bekam einen kurzzeitigen Dämpfer, als ich am Samstagmorgen mit einer Gießkanne die auf rund 50 Meter angewachsene Menschenschlange - bedingt durch die grassierende Corona Pandemie - auf dem Bürgersteig vor einer Bäckerei durchqueren musste. Mein Ziel war der Friedhof und das Grab meiner Frau. Einer der Schlangestehenden war außer sich wegen der aus seiner Sicht verletzten Abstandsregeln von 1,5 Metern - die ich versuchte einzuhalten.
Es ist nicht wichtig, was er sagte und auch nicht druckreif. Wichtig war mir nur, kein Öl ins Feuer zu gießen und schnell und wortlos die Friedhofspforte hinter mir zu schließen, bevor der Aufgebrachte handgreiflich werden konnte. "Der Schleier der Zivilisation ist dünn gewebt", ging's mir beim Gang zum Grab düster durch den Kopf. Doch schon am Nachmittag lachte ich über die unerwartete Aggression, denn von solchen Erlebnissen darf man sich nicht unterkriegen lassen. "Lachen und mit Stress gut umgehen sind die Muntermacher im Alter," las ich vor kurzem in einem Buch. "Lachen erhöht die Gedächtniskapazität" - und beides zusammen ist ein guter Grund, das Lachen so oft wie möglich zu tun.
Mir fällt das leicht, weil Lachen meiner Natur entspricht. Oft werde ich von meinen Kindern geneckt: "Du bist immer noch wie ein kleiner Junge. Warum verhältst du dich nicht so, wie es deinem Alter entspricht?"
Dann lächle ich. Solange man mir das sagt, weiß ich, dass ich genau das Richtige tue. Es macht Spaß, noch etwas Kind zu sein. Und deshalb wirken Kinder auf mich wie kühles Quellwasser an einem heißen Tag: Erfrischend.
Gegen diese Einstellung lässt sich argumentieren und es gibt 'ne Menge Gründe zu sagen: "Kind sein und verantwortungsvoller Erwachsener zugleich ist unmöglich." Ich behaupte, das ist Unsinn. Ich mache das erfolgreich ein langes Leben lang und diese Freiwilligkeit, sich etwas vom Kindlichen zu bewahren bedeutet nicht, dass Erwachsenleben aufzugeben. Es bedeutet nur, sich etwas natürlicher zu verhalten. Es bedeutet, die Erwachsenmaske abzulegen und sich daran zu erinnern, wie spontan und aufgeschlossen man früher ALLES und ALLE betrachtet hat. Mehr nicht!
Als ich vor wenigen Tagen meine Brille vermisste, zog ich zunächst ein langes Gesicht, weil ich ohne sie diesen Artikel nicht hätte schreiben können. Zuerst fasste ich mich an den Kopf. Natürlich war sie nicht dort, wo sie sein sollte. Dann suchte ich den Garten ab. Auch die Büsche, die ich geschnitten hatte. Mehrfach. Dann schaute ich im Kühlschrank nach, suchte bis nachts um 11 im Haus und am nächsten Tag fuhr ich knapp 200 km an jene Stelle zurück, die ich am Vortag besucht hatte.
Erfolglos zurückgekehrt fand ich sie am Nachmittag dort, wo ich schon gesucht hatte - in einem Stachelbeerstrauch hängend. Ich lachte. Einmal vor Freude, sie gefunden zu haben und über mich und mein offenbares Unvermögen, konzentriert zu suchen, wenn's drauf an kommt. Und hätte jemand aus Schadenfreude über mich gelacht - ich hätte eingestimmt.
Doch eine Lehre habe ich aus dem Vorfall gezogen, auf die ein richtiges Kind vielleicht nicht gekommen wäre: Ich benötige eine Ersatzbrille! Aber die bestelle ich erst dann, wenn die verordneten anderthalb Meter messenden Abstandregeln Vergangenheit sind.
Nicht auszudenken, wenn ich dem Optiker hinter seinen "Sehschärfe Messgeräten" zu nahe käme! Das wäre dann wirklich nicht zum Lachen!