Wolfgang Nieschalk
        "Wer handelt, kann Fehler machen. Wer nicht handelt, hat bereits einen Fehler gemacht."

Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr!

Diese Weihnacht wird - mehr noch als Ostern - durch die grassierende Pandemie beeinflusst werden. Nur Weniges fällt mir ein, was daran positiv sein könnte. Ein Lichtblick aber kann es sein, wenn die Wenigen, die sich am Weihnachtsfest zusammenfinden dürfen - und wollen - in dieser Zeit umso herzlicher miteinander umgehen. Oder wenn sie - WattsApp zum Trotz! - dieses Jahr zum Tintenroller greifen, um einen Weihnachtsbrief oder eine Weihnachtskarte an liebe Freunde oder Bekannte zu schicken. Es muss kein gestylter Text sein, der die Grußkarte mit Leben erfüllt. Gerade auf das vielleicht "ungelenke" der Handschrift - auf das "Selbstgemachte" - kommt es an und verrät uns, wie nahe uns der Absender steht.

Während Weihnachtsbriefe in den Jahrhunderten vor unserer Zeit für nur Wenige schon seit "Ewigkeiten" Brauch waren - weil sie schreiben und lesen konnten und auch das Geld fürs Porto hatten - ist das bei Glückwunschkarten anders. Auch wenn vor rund 450 Jahren ein süddeutscher Goldschmied eine Karte entworfen hatte, auf der das Kreuz mit einem Gabenspender zu sehen ist, konnte sich diese Idee nicht durchsetzen. Sie blieb ein Einzelfall.

Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieser Einfall von Henry Cole - einem bekannten Museumsdirektor in London - wieder aufgegriffen, als er seinen akademischen Freunden aus Zeitgründen nicht wie üblich einen Weihnachtsbrief schicken konnte. Deshalb bat er seinen Künstlerfreund C. Horsley, eine Karte mit einer gedruckten Botschaft zu entwerfen. Dieser Auftrag war der Beginn eines gewaltigen, neuen Industriezweiges und machte Weihnachten um eine Tradition reicher - die Weihnachtskarte.

Henry Cohns Karte zeigte kein Winterbild, Glocken oder die heute üblichen Kartenmotive. Sie erinnert eher an eine Tafel- oder Silvesterrunde, auf der in der Mitte eine lustige Gesellschaft inmitten einer von Weinreben umrankten Gartengrotte zu sehen ist, die dem Betrachter zuprostete. Rechts und links davon waren Leute dargestellt, die an die Armen Lebensmittel und Kleidung verteilten. Und ganz vorn in der Mitte prangte das Wichtigste: Ein Banner mit der Aufschrift:

                                                           

"A MERRY CHRISTMAS AND A HAPPY NEW YEAR."

 

Horsleys Entwurf wurde zum Volltreffer. Cole ließ 1000 Exemplare drucken und schon 1860 war der Brauch, Weihnachtskarten zu verschicken, in England fest verankert.

Amerika folgte kurze Zeit später. Es war der deutsche Lithograph Louis Prang, der die Weihnachtskarte "über den Atlantik" brachte. Das Geschäft ging 20 Jahr gut. Dann witterten Kunstmuseen das Geschäft ihres Lebens und verkauften als Karten Motiv Reproduktionen von Gemälden und Holzschnitten. Der Wettbewerb um einen Milliardenmarkt hatte begonnen. 

Nur dort, wo die erste bekannt gewordene Weihnachtskarte entworfen wurde - in Deutschland von dem schon erwähnten Goldschmied - behalf man sich weiter mit Briefbögen, die ornamental verziert waren. Auf die Vorderseite wurden in Schönschrift Weihnachtswünsche geschrieben und auf die Innenseite ein Gedicht. Ganz allmählich nur setzten sich bei uns Weihnachtskarten durch, die auch immer häufiger Neujahrswünsche enthielten.

Doch Whats Ap und E-Mail machen es der Weihnachtskarte in unserer Zeit schwer. Ich ignoriere solche Weihnachtsgrüße zwar nicht, denn auch hinter ihnen steht ein Mensch. Doch die handgeschriebene oder gar selbst hergestellte Weihnachtskarte hat für mich einen unvergleichlich höheren Stellenwert. Sie findet ihren Platz unterm Christbaum. Die Karten aber, die mir mit "maschinengedruckter Handschrift" fantastische Rabatte versprechen, landen im Papierkorb.

Wenn sich auch die Kartenmotive geändert haben seit jenen Tagen, als Henry Cole's Weihnachtskarte den Beginn eines neuen Brauchs einläutete, blieb die hoffnungsvolle Grußbotschaft bis zum heutigen Tage immer gleich:

 

"FROHE WEIHNACHTEN UND EIN GUTES NEUES JAHR." 

                                                                                                          

                                                                                                                

©Wolfgang Nieschalk, Clausstr. 9 31171 Nordstemmen.23.12.2020 

 
 
 
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