Wolfgang Nieschalk
        "Wer handelt, kann Fehler machen. Wer nicht handelt, hat bereits einen Fehler gemacht."

Unser Christbaumschmuck

Vor vielen Jahren verriet mir eine Verkäuferin: "Kinder sind meine liebsten Kunden. Kinder sind unbefangen und kombinieren intuitiv die herrlichsten Farben und Formen."

Das kam mir gelegen. Schon am folgenden Weihnachtsfest spannte ich meine Enkel ein, um den ewig gleich aussehenden Weihnachtsbaum von kindlicher Intuition geleitet zu etwas Besonderem machen zu lassen. Das wurde er, aber das Besondere war gewöhnungsbedürftig. Nur durch mein behutsames Eingreifen zierte ein letzter Rest von Tradition den immergrünen Gesellen. Auch die nächsten Jahre beherrschten kurios aussehende Bäume meine Stube. Dann machte Spaß und Intuition der Enkel Platz zugunsten purer Naschsucht. Seitdem schmücke ich wieder traditionell.

Am Tag, an dem die gläserne Baumspitze zerbrach und ich das Blut meines Zeigefingers mit Isolierband stoppte, fragte ich mich, was der Schmuck am Weihnachtsbaum eigentlich bedeutet. Ist er zwar lästige, aber schöne Dekoration, oder steckt Tieferes dahinter? Ich beschloss, Licht ins "Dunkel des Christbaumschmuckes" zu bringen. Meine Forschungen waren erfolgreich. Seitdem weiß ich, welchen Symbolcharakter die einzelnen "Dranhänger" haben, und das brachte mich auf die Idee, jedes Jahr den Baum mit dem passenden Schmuck zu einem speziellen "Thema" zu verwandeln. Letztes Jahr wählte ich Herzen, das Jahr davor Engel und dieses Jahr werden "Strohsterne" den Baum himmlisch erscheinen lassen.

Sterne stehen als Symbole für die Hoffnung auf ein günstiges Schicksal und erinnern gleichzeitig daran, dass das Christkind auf Stroh in der Krippe lag. Und ein Stern auf der Christbaumspitze versinnbildlicht das Wunder des Sterns von Bethlehem.

Das Thema "Herzen" ist leicht zu deuten. Herzen am Christbaum sind eine Liebeserklärung an den Betrachter. Sie symbolisieren neben der Liebe auch Lust, Freude und Lebenskraft. Bei den Engeln vom vorletzten Jahr wird eine Erklärung schon schwieriger. Weil wir Menschen glauben, wenigstens im Grunde unseres Herzens engelsgleich zu sein, dies aber nicht sind, können wir nicht vorurteilsfrei. sein. Schon deswegen halte ich mich mit einer Beschreibung über die Aufgaben dieser fliegenden, himmlischen Wesen zurück. Die Menschen früherer Jahrhunderte waren auch nicht besser als in unserer Zeit, aber machten sich nicht so viel Gedanken über ihr irdisches Dasein. Deswegen nahmen sie als selbstverständlich hin, dass der Himmel ihnen dann himmlische Dienstboten schickt, wenn gar nichts mehr weiter ging. Ohne sie - das war allen Erdbewohnern klar - lief fast nichts in ihrer Welt. Und thront gar ein Engel auf der Spitze des Baumes, verkündet er von dort oben symbolisch sogar die Geburt des Heilands.  

Echte, duftende Äpfel - heute meist symbolisch durch silberne Kugeln vertreten - sind Sinnbild der Fruchtbarkeit, erinnern an Adam und Eva im Paradies und an das Paradiesische des Weihnachtsfestes. Überhaupt steht die Fruchtbarkeit überall im Vordergrund. Nüsse, Fische oder Tannenzapfen symbolisieren sie und letztere auch noch die Jungfräulichkeit. Die ist etwas aus der Mode gekommen, genauso wie die Tannenzapfen, die früher meinen Baum schmückten. Und Vögel - besonders Störche - habe ich noch nie an den Baum gehängt. Schließlich haben sie als Glücks- und Kinderbringer nicht nur manchem Mann Tränen der Reue in die Augen getrieben!

Kleine Päckchen sind auch beliebt. Sie symbolisieren die Gaben der Drei Heiligen Könige für das Kind und erinnern die Christen daran, dass die Geburt des Gottessohnes das größte Geschenk ist. Aus den Posaunen der Engel wurden im Laufe der Zeit Trompeten für den Weihnachtsbaum. Auch sie fanden noch nie auf meinen Bäumen ihren Platz.

Nie aber verzichtete ich auf die feinen, weißen Porzellanglocken aus dem extra gelagerten, weich gepolsterten Verpackungskarton! Kirchenglocken läuten zur Heiligen Nacht und begrüßen das neue Jahr. Kirchenglocken rufen, jubeln und erinnern.

Meine Porzellanglocken am funkelnden Weihnachtsbaum aber verkünden am Heiligen Abend die frohe Botschaft: "Kommt her zum Baum. Jetzt ist Bescherung!" 

 
 
 
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